Jeder soll so Leben können wie er will - Gesprächsrunde mit Bilkay Öney

Veröffentlicht am 08.05.2012 in Allgemein
 

Stefan Gretzinger & Lisa Stahn trafen Landesintegrationsministerin Bilkay Öney in Stuttgart.

Man muss Menschen mit ihrer Sprache erreichen, man muss direkt sein und sollte nach Möglichkeit keine Luftschlösser
bauen: Für den Bürger gut, doch für die klassische Politik nahezu undenkbar.
Kein Wunder also, dass die türkischstämmige Integrationsministerin von Baden-Württemberg, Bilkay Öney, mit
ihrer direkten, ehrlichen und vor allem menschlichen Art von vielen Seiten her auf Kritik stößt. Doch genau diese Art
Politik zu machen macht sie zu einer politisch und menschlich bemerkenswerten Persönlichkeit. Wolfgang Heinzel
(OV Biberach), Stefan Gretzinger (Kreisjusos Biberach) und Lisa Stahn (Kreisjusos Biberach) haben sie jetzt bei einer Gesprächsrunde in Stuttgart getroffen.
Bilkay Öney setzt sich für Menschen ein, deren Probleme von vielen Bürgern als lästig empfunden werden: Jugendliche,
vor allem auch kriminelle Jugendliche, Migranten, Frauen und auch Behinderte. Diskriminierung und Vorurteile seien
in Baden-Württemberg ein schwieriges Thema, weil in unserem Bundesland vieles einfach nicht oƒ en und direkt
geklärt werde. Durch eine derzeit laufende Umfrage erhoƒfft sich Bilkay Öney Erkenntnisse über die genaue Einstellung
der Baden-Württemberger zu den Integrationsbedürftigen, Ängste, Erwartungen an das Integrationsministerium
und Handlungsvorschläge, die sie gerne in ihre politische Arbeit ein… ießen lassen will.
Auch überrascht war sie bei ihrem Amtsantritt in Baden-Württemberg vor einem Jahr, dass Reichtum und Toleranz
hier sichtlich nicht miteinander einhergehen. Sie habe gedacht, die Baden- Württemberger seien durch den Reichtum
ein wenig relaxter als die Menschen in Berlin. Doch viele der Baden-Württemberger glauben, dass es bereits zu viele Migranten in Deutschland gibt, was die Ministerin in ihrer Arbeit ebenfalls berücksichtigen will.
Zum Thema Facharbeiter aus dem Ausland äußerte sie deshalb auch, dass es mehr Sinn ergebe die Migranten, die schon in Deutschland seien, besser auszubilden, denn diese seien die Fachkräfte von morgen. Durch die Integration aller Randgruppen will sie einen inneren Zusammenhalt der Bevölkerung erzielen, denn, wer sich eingebunden fühlt, ist auch bereit mehr zu geben und sich in die Gesellschaft einzubinden.
Bilkay Öney ist anders, wenn die einen in eine Brennpunktschule in Berlin gehen, so geht sie in Berlin in Schulen mit vielen Neonazis und erklärt diesen, dass es sich auf den Ruf Deutschlands negativ auswirke, wenn sie jüdische Kindergärten anzündeten. Dies ist nur eine der vielen kleinen Geschichten, die Bilkay Öney in dieser Gesprächsrunde in Stuttgart erzählte.
Bilkay Öney ist eine Realpolitikerin, wie sie sich selbst beschreibt, sie baue keine Luftschlösser und sie sei auch keine Wunderfee. Toleranz und Respekt gegenüber den Randgruppen der Bevölkerung könne man gesetzlich eben nicht festlegen, aber man könne durch seine Handlungen ein Vorbild sein. Ihr bester Freund, so die Integrationsministerin, sei türkisch, schwul und ein Frisör, es sei ja nicht schlimm, sondern einfach eine andere Lebensweise, für die sich ein Mensch entschieden habe. Jeder Mensch soll so leben können wie er will. Bilkay Öney sieht als Hauptziel ihrer Arbeit den Emanzipations- und Integrationsprozess in beide Richtungen anzustoßen sowie Teilhabe und Durchlässigkeit zu gewährleisten. Als Grenze der Toleranz sieht sie die Werte des
Grundgesetzes, welches ihre „Bibel“ sei. Man muss sich eben überlegen, wie man die Leute erreicht, und das schaƒfft sie.